Claus Böhmler (1939 – 2017)
Nach der Beerdigung von Claus Böhmler bin ich noch eine Weile über den Friedhof gezockelt. Im Stillen hoffte ich auch das Grab einer Kommilitonin zu finden, doch verirrte ich mich schließlich zwischen den Grabsteinen und dachte darüber nach, wie ein einstmals gewürdigter Kunstprofessor nun von seinen ehemaligen Kollegen und von der Hochschulleitung ignoriert wird. Nicht mal einen Kranz haben sie zur Beerdigung geschickt. Das stört ihn nun nicht mehr, aber wie muss er sich gefühlt haben, als er noch lebte und ihn die neoliberal Angetriebenen übergingen. Sie verstanden keinen Spaß mehr, wenn es um Sponsorengelder ging und um Kunst, die gut ankommt. Schließlich enden alle unter moosüberwucherten Grabsteinen und Gedenktafeln, auf denen die Namen nicht mehr zu entziffern sind. Manche stehen nach Jahrhunderten noch, doch wird vor ihnen nicht mehr gepflanzt. Der stolze weiße Marmor wird grau bis bloß Gesteinsbrocken übrig geblieben sind.
Böhmler wusste darüber Bescheid, wenn er sich den verhallenden Tönen von Langwellensendern zuwandte. Das Stück, das in der Grabkapelle gespielt wurde, erinnerte daran, und die Rede von Peter Lynen rief gute gemeinsame Zeiten mit seiem Lehrer Böhmler wach. Was er seinen Studenten in die Ohren gesetzt hatte, hallte nach wie der Psalm, den der Pfarrer mit schöner Stimme in das Gewölbe der Kapelle sang. Auch das Schweigen von Böhmler hallt nach. Das Feuer, das in seinem Studio ausbrach, rauchte nach und vertrieb die, denen die Vergänglichkeit der Dinge fremd ist. So hat das Projekt Böhmler ohne Studio Wege zu einer Kunst ohne feste Orte gewiesen. Sie lebt vom Erzählen und Weitersagen. Wer mehr davon will, wird wissen, dass im Erzählen die Dauer zuhause ist.