Anna Oppermann
Die Definitionsversuche zum Ensemble, die Anna Oppermann vorgenommen hat, sind eine präzise Bestandsaufnahme der Ereignisse in ihrem Atelier. Ihre Äußerungen von 1978 sondieren ihre Arbeit mustergültig (Was ist ein Ensemble? Zur Methode, in: Kunstforum international, Bd. 28, 4/1978, S. 148; erneut publiziert in: Anna Oppermann. Ensembles 1968-1992, Ausstellung Kunstverein Stuttgart, Ostfildern 2007, S. 110-111).
Sie geht von einem „realen Objekt“ aus, das in vier Stadien 1. Meditation (wird nicht verbalisiert), 2. Katharsis (ein erstes „Reagieren“, „Abreagieren“ und „Assoziieren“ ), 3. Reflexion („Zeichnungen und Zustandsfotos…“) und 4. Analyse (Zwischenergebnisse in Gruppen, interdisziplinäre Recherche und „Formulierung eines ensemblespezifischen Themas“) zum Ausgangspunkt für ein Ensemble aus Objekten und Materialien mit Schrift und Bild wird. Diese Herangehensweise ist speziell, da die Künstlerin ihr Werk nicht erwartungsgemäß abschließt, sondern es in einem fragilen variablen Stadium der „Analyse“ aufbaut, fotografiert und abzeichnet und mit dem so gewonnenen Material weiter ausbaut. Damit haben sich die Verantwortlichen und das Publikum in jeder Ausstellung von neuem auseinanderzusetzen. Die Ateliersituationen werden besonders auf diejenigen übertragen, die ihre Ensembles posthum erneut einrichten müssen. Hans D. Christ und Iris Dressler sprechen deshalb von „Wiederaufführung“ (Kat. 2007, s.o., S. 11f).
Oppermann legte sowohl in ihrem Text wie auch mit ihren Ensembles die Interna der Arbeit im Atelier offen, was implizit verlangt, dass diese vom Personal der Ausstellungshäuser und dem Publikum nachvollzogen werden. Mit jeder neuen Präsentation wird die Ateliersituation verlängert und an einen neuen Ort exportiert. Die Anordnung und Materialität der Ensembles sorgt dafür, dass die schwer zu fassenden Probleme einer angemessenen Darstellung des Assoziieren im Fluss bleiben, indem an ihnen gearbeitet werden muss. Oppermanns Werk vermittelt eine Erwartung an Personal und Publikum, die erfüllt werden muss, was sie über ihren zu frühen Tod 1992 hinaus zu einer unbequemen Künstlerin macht.