20. Juli 1964

Gerne möchte ich die Leser des Blogs einladen, den Text „1964 – Beuys ätzt und macht Furore“ zu lesen. Die wichtige Aktion „Kukei, akopee-Nein!, Braunkreuz, Fettecken, Modellfettecken“ führte Joseph Beuys vor 50 Jahren am 20. Juli 1964 auf einem Festival an der Technischen Hochschule in Aachen durch.

Der Text ist zu lesen, der auf der Homepage von AMOKKOMA http://amokkoma.eu unter LOADS&NEWS. Direkt unter: http://amokkoma.eu/amokkomaloadsnew.html

 

Und dann kommt das WIE

… it’s just a click away

Dank an Presseabteilung des Städels in Frankfurt, die mich vor ein paar Monaten darauf aufmerksam machte, dass das Museum nun Teil des Google Art Projekts ist. Beim Durchklicken der Kunstwerke dort und in zahlreichen weiteren Museen der Welt und der auszugsweisen Sichtung all der fabelhaften bekannten und unbekannten Werke blieb ich beim Turmbau zu Babel von Peter Breughel dem Älteren von 1563 im Kunsthistorischen Museum in Wien hängen. Mir stockte der Atem beim Wiedersehen mit diesem Bilde unter diesen Bedingungen. Der Detailreichtum war mit den Möglichkeiten des Zoomens fast besser zu erforschen als es mir bei meinen Reisen nach Wien je gelungen wäre. Ich wanderte also in die Details der sich auftürmenden Oberflächen dieses urbanen Kosmos aus dem 16. Jhd. und seines utopischen Gebäudes, das Himmel, Erde und die Gewässer miteinander verbindet. Daran Gerüste sowie ganze Häuser, die an dem Turm kleben, als wäre er ein Berg, an dem auch Menschen wie Ameisen hingen. Tatsachlich sind Teile auch der oberen Stockwerke noch aus dem gewachsenen Fels gehauen, der wie eine alpine Zinne einen erdgeschichtlichen Kern des Gebäudes bildet.

 Google-Tower of Babel-Google

Dieses Bild ist ein Sinnbild im elektronischen Turmbau unserer Zeit, das aus den Anstrengungen von unzähligen Menschen zusammengesetzt ist, die sich die Geschichte und die vielen Speicher dieser Geschichte aneigneten, die nun auf den Bildschirmen der Welt verfügbar gemacht werden und sich aus den Daten auf Millionen von Bildschirmen zusammenfügen. Im Moment des ersten Anschauens hat diese Verfügbarkeit schon etwas mit mir gemacht. Die kiloweisen Kunstbände und die wochenlangen Reisen zu diesen Werken stehen mit einem Mal in einer anderen Relation. Ob sie aber zur Disposition stehen, glaube ich nicht. Für mich werden sie sich nicht erübrigen, was man im ersten Augenblick annehmen könnte. Anders wird es für die Generation sein, die mit diesen heutigen Möglichkeiten aufwächst. Für mich gehören das Physische und die Reisen zu den Museen dazu. Für mich bilden sie sogar die Voraussetzung dafür, dass ich dieses Bild identifizieren kann, und sie haben meine Möglichkeiten geprägt und bereichert, sie bildeten das WIE, mit dessen Anleitung ich nun durch diesen anklickbar gemachten Datendschungel wandere. Die vielen anderen Bilder von Breughels Zeitgenossen, die ich in den letzten Jahrzehnten sah, sind Teil meiner Betrachtung; denn das Google Art Projekt folgt ja auf Google Earth, weil die Oberflächen der Kunstwerke hier eine Tiefendimension haben, die als die kulturelle Leistung von Menschen alle terrestrischen Oberflächen enthält, so wie es Google mit „Earth“ anstrebte. Weil die Künstler in die Tiefe der Prozesse gegangen sind, haben sie uns als Menschheit überhaupt erst in die Lage versetzt, elektronische Datenverarbeitungsmaschinen und -systeme zu ersinnen und zu betreiben. Breughels Werk ist wohl eines, das der Komplexität der Organisiertheit von Kultur und kulturellen Netzwerken, wie dem einer Großbaustelle, sehr nahe kommt. Die „Bauherren“ von Flughafen und Konzertgebäuden, denen heute ihre Vorhaben aus dem Ruder laufen, wären gut beraten gewesen, vor Beginn der Arbeiten mal einmal einen Blick auf das Bild von Breughel zu werfen.

Die Möglichkeiten das nachzuholen sind nur ein paar Klicks entfernt. Doch dann kommt das WIE.